Italien kulinarisch

Schuld war eigentlich nur das schlechte Wetter.

Bei der SZ-Reise in die Toskana gibt es auf der Hinfahrt eine Zwischenübernachtung am Gardasee. Das bietet am nächsten Morgen die Gelegenheit, die Uferstraße über Malcesine zu fahren und die wundervollen und so abwechslungsreichen Blicke auf den See und seine im Norden steilen und im Süden flachen Ufer zu genießen.

Doch was fängt man an, wenn es ohne Unterbrechung regnet und die Sichtweite kaum mehr als 50 Meter beträgt? Dann hat diese Landschaft keine Chance, ihre Schönheit zu entfalten. Wir sind also bei Rovereto wieder auf die Autobahn gefahren, um schnellstmöglich in Richtung Süden, hin zu dem hoffentlich schöneren Wetter zu gelangen.

Der Nieselregen war so dicht, dass man selbst die Kirche Santa Maria della Corona (die hieß auch schön früher so!) nicht erkennen konnte, die südlich von Rovereto spektakulär oben in fast 800 Metern Höhe in eine Felswand hineingebaut ist und die den Reisegästen im Vorbeifahren immer ein Ah und Oh entlockt. Was man nicht sieht, kann man auch nicht bewundern.

Der Regen machte es sogar ungemütlich, irgendwo die vorgeschriebenen Pausen einzulegen. Erst auf der Autobahn bei Parma in Richtung Mailand öffnete sich ein Loch in den Wolken, genau dort, wo sich das große Outletcenter Fidenza befindet (ob das wirklich ein Zufall war?). So konnten wir wenigstens bei strahlendem Sonnenschein eine Stunde Pause machen und zumindest schon einmal eine Sache tun, für die sich eine Fahr nach Italien in jedem Fall lohnt: italienisches Eis genießen.

Kaum war die Stunde Pause vorbei zog sich der Himmel auch schon wieder zu und der Regen setzte erneut ein. Wir fuhren quer durch den Appennin hinunter nach La Spezia, landschaftlich eine der schönsten Autobahnstrecken Italiens und sahen: dicke Wolken und 50 Meter rechts und links der Autobahn war die Welt zu Ende.

Da muss man sich als Reiseleiter eben etwas einfallen lassen, um den Gästen etwas von Italien näher zu bringen. Wenn das schon nicht die Landschaft sein konnte, so blieb doch eine der wichtigsten Attraktionen dieses Landes: die italienische Küche. (Und wer behauptet, dass bei seiner Entscheidung für eine Reise nach Italien Essen und trinken gar keine Rolle gespielt haben – der schwindelt!) Wir waren schließlich auf dem Weg an die ligurische Küste, die größte Stadt dort ist Genua – also erzählte ich etwas über das „echte“ Pesto Genovese und darüber, dass bei wohl keinem „italienischen“ Lebensmittel in deutschen Supermärkten so viel geschummelt wird wie bei Pesto, was die Zutaten angeht. Ich habe den Gästen also das Rezept verraten, welches ich aus einem älteren italienischen Kochbuch habe und habe den Gästen versprochen: Falls es in den kommenden Tagen wieder einmal regnen würde, dann würde ich ein weiteres Rezept vorstellen.

Am Abend kamen wir in Lido di Camaiore an unserem Hotel an und das Wetter hatte sich inzwischen soweit wieder beruhigt, dass man vor oder nach dem Abendessen sogar noch an den Strand gehen und zumindest die Zehenspitzen ins Mittelmeer halten konnte.

Am nächsten Tag hingen zwar immer noch dicke Wolken drohend am Himmel, aber die behielten ihr Wasser schön vor sich, so dass wir trocken nach Pisa kamen und den „Platz der Wunder“ mit dem schiefen Turm, dem Dom und dem Baptisterium besuchen konnten. Und siehe da, am Nachmittag zeigte sich sogar die Sonne immer wieder mal für ein paar Minuten.

Man konnte also aus dem Bus heraus die Landschaft bewundern – dennoch waren die Reisegäste auf der Rückreise der Meinung, sooo schön sei das Wetter ja nun doch nicht, also wäre es unbedingt Zeit für ein weiteres Rezept. Damit hatte ich nicht unbedingt gerechnet, das ließ ich mir allerdings nicht anmerken und erzählte meinen Gästen das Rezept, was in Italien die Basis für eine Vielzahl von Gerichten ist: die Salsa Pizzaiola. Deren Zubereitung ist ziemlich aufwendig und langwierig, zudem hat wahrscheinlich jede echte italienische Mamma ihr eigenes Geheimrezept dafür, erzählt ist das Rezept jedoch recht schnell – das war auf der nicht allzu langen Fahrt von Pisa nach Lido di Camaiore locker zu schaffen.

In den nächsten Tagen besuchten wir die schönsten Städte und Gegenden der Toskana. Wir waren in Siena, in Lucca und Volterra, in Florenz besuchten wir die Uffizien und den Ponte Vecchio, wir wanderten in den Bergen um Lucca, den Colline Lucchese, wir verkosteten Wein im Chianti-Gebiet und bei Montecarlo, kurz, wir genossen die Toskana mit allen Sinnen. Und das Ganze noch dazu bei strahlendem Sonnenschein. Jedoch seit dem Besuch in Pisa schien es beschlossen zu sein: so schön das Wetter auch sein mochte, es war in jedem Fall schlecht genug um Grund für ein neues Rezept zu liefern.

So vergingen die Tage viel zu schnell. Auf der Rückfahrt hatten wir dann tatsächlich auch noch die Möglichkeit, am Ufer des Gardasees entlang zu fahren und eine sonnige Pause in Malcesine einzulegen, jenem Ort, in dem Deutschland beinahe seinen Dichterfürsten Goethe verloren hätte, noch lange bevor er Dichterfürst war (aber dazu vielleicht ein anderes Mal). Und am nächsten Tag auf dem Weg nach Hause wurde plötzlich der Ruf laut, man wolle nun aber die Rezepte noch einmal hören, um sie auch mit nach Hause nehmen zu können.

Acht Rezepte während der Fahrt zum Mitschreiben zu diktieren, das erschien mit ein wenig langatmig und für diejenigen, die vielleicht kein Interesse an meinem Kochkurs hatten, auch langweilig. Also kam ich auf die Idee, dass ich den Reisegästen, die das wollten, meine Rezeptsammlung per Mail zuschicken könne (zum Glück hatte ich mir aufgeschrieben, womit ich den Gästen den Mund wässrig gemacht hatte (und das Hotel in Lido di Camaiore gab sich auch alle erdenkliche Mühe, den geweckten Appetit auf köstliche Weise zu stillen). Ich gab einen Zettel herum – und siehe da, nahezu alle Gäste wollten die Rezepte für zuhause haben.

Wieder daheim an meinem Schreibtisch habe ich mich erst einmal verflucht für meinen Einfall. Ich konnte ja schlecht irgendwelche Rezepte aus dem Internet zusammenkopieren. Also habe ich alles fein säuberlich von Hand aufgeschrieben, eingescannt und als pdf-Datei an meine Gäste geschickt. Von etlichen davon kam ein Danke und die Versicherung, sich an diesen Gerichten einmal versuchen zu wollen.

Das Schöne ist: Nun waren die Rezepte einmal eingescannt und konnten immer wieder verwendet werden. So im Herbst, als ich eine Genussreise durch Norditalien als Reiseleiter begleiten durfte. Hier lernten die Gäste einige besondere Spezialitäten der Gegend um den Fluss Po herum kennen. Los ging es in Biella, zwischen Mailand und dem Aostatal gelegen. Hier verkosteten wir nicht nur das einheimische Bier, es gab auch eine ganz spezielle regionale Variante von Polenta zu genießen, dickflüssig und cremig durch den darin enthaltenen geschmolzenen Käse.

In der Region Franciacorta war der örtliche Schaumwein die Hauptfigur, ein Spumante, der nach exakt derselben Methode hergestellt wird wie ein französischer Champagner, der sich aber, weil er eben nicht aus der Champagne kommt, nicht so nennen darf. Durch seine Qualität hat er allerdings inzwischen auch überregional einen hervorragenden Ruf errungen.

Auf unserer Reise die Poebene entlang ging es weiter nach Valeggio, südlich vom Gardasee am Fluss Mincio gelegen, wo wir in einem kleinen Landgasthof Tortellini serviert bekamen, die in dieser Region besonders beliebt sind. Die örtliche Reiseleiterin an diesem Tag erzählte uns dann noch die Legende über die Entstehung der Tortellini (natürlich eine traurige Liebesgeschichte zwischen einem Soldaten und einer Nixe) und lieferte das Rezept für die originalen Tortellini und für zwei verschiedene Füllungen.

In den Euganeischen Bergen, in dem malerischen Ort Arcqua Petrarca, lernten wir eine örtliche Variante des beliebten Spritz kennen, zubereitet mit dem Likör aus der in dieser Region angebauten Frucht Giuggiola (auch als Jujuba oder chinesische Dattel bekannt). Dazu gab es Schinken und Salami – und eine Art Bruschetta, die ebenfalls speziell war: der Aufstrich auf dem gerösteten Weißbrot war nicht aus klein geschnittenen Tomaten sondern aus püriertem und herzhaft gewürztem Kürbis hergestellt – schließlich war es Herbst!

Und zum Schluss besuchten wir in der Region um Udine noch eine Manufaktur für hervorragenden Balsamico-Essig und ließen uns in die Geheimnisse der Herstellung des San-Daniele-Schinkens einweihen. All diese Genüsse wurden ergänzt durch Stadtführungen in Biella, Mantua, Padua und Udine.

Und siehe da: auch hier stieß meine kleine Sammlung italienischer Rezepte auf reges Interesse und ich musste nach der Rückkehr eine Rundmail an etliche meiner Reisegäste schicken, wobei ich meine „Toskana-Sammlung“ durch das Tortellini-Rezept aus Valeggio ergänzt habe. Und so werde ich wohl auch im kommenden Jahr auf Reisen nach Italien meinen Gästen einen kleinen Einblick in die italienische Küche bieten – so sie das denn möchten.

Und wer nicht bis zu seiner nächsten Italienreise mit SZ-Reisen warten möchte, der bekommt hier schon mal ein kleines Rezept zum Ausprobieren: Spaghetti alla puttanesca:

Die Spaghetti wie gewohnt al dente zubereiten.

Für die Soße:

500g Pelati (gestückelte Tomaten aus der Büchse) oder 500g Pizzaiola-Soße,

50 g Kapern, abgetropft,

50 g schwarze Oliven, in Scheiben geschnitten,

50 g Sardellenfilets, klein geschnitten,

1 – 3 Knoblauchzehen (je nach Geschmack), fein gehackt,

1 kleine frische rote Chilischote, entkernt und klein geschnitten,

Salz, Pfeffer aus der Mühle, frisch gemörserter Rosmarin.

Bei Kapern, Oliven und Sardellen darf gern, je nach Geschmack, die Menge auch verdoppelt werden.

Alle Zutaten für die Soße gut köcheln (aber nicht zerkochen) lassen, über die Spaghetti geben und mit reichlich frisch geriebenem Parmesan bestreuen. Das passende Getränk dazu sollte nicht zu zartbesaitet sein, bei der Soße geht es geschmacklich ordentlich zur Sache!

Da bleibt mir nur zu wünschen: Buon appetito!

Italien kulinarisch

2 Gedanken zu “Italien kulinarisch

    1. Ganz einfach, man muss nur eben die richtigen Zutaten nehmen und nicht durch etwas Billigeres ersetzen. Los geht’s: Drei Bund Basilikum abzupfen (gern auch mehr), je nach Vorliebe 2 – 6 Zehen Knoblauch, 1 TL Salz, 150 g Pinienkerne (in der Pfanne ohne Fett bis kurz vor dem Farbe nehmen angeröstet), 150 g Parmesan oder Grana Padano. Alles zusammen mit dem Mixer pürieren (ganz stilecht wäre es von Hand in einem Mörser, dann aber die Mengen reduzieren!) und dabei reines Olivenöl zugießen, bis eine dünn-cremige Konsistenz erreicht ist. In Gläser füllen bis 3/4 Füllhöhe, dann Olivenöl als Luftverschluss auffüllen, Glas verschließen. Hält sich so unangebrochen im Kühlschrank 3 bis 4 Wochen, kann man aber auch gut im Glas einfrieren.
      Viel Spaß beim Ausprobieren!

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